Komet Blankenese - FC Elmshorn

43 Haare alt

Das war der erste Geburtstag, den ich auf dem Fußballplatz verbrachte. Zur zweifelhaften Feier des Tages steuerte Michael meinen alten Spielerpass bei. Mit dem dort eingeklebten Foto hat mein jetziges Ich nur noch wenig gemeinsam - nur der Name erinnert noch an eine Zeit, in der Shampoo, Fön und Drei-Wetter-Taft zur täglichen Körperpflege gehörten.


Sturm, Regen, Wind, fliegende Blätter, warmes Sofa und Grütze im Fernsehen. An einem Tag, an dem jeder von uns mit einer Spielabsage rechnete und beschwörend auf das Handydisplay starrte oder Fußball.de im Sekundentakt aktualisierte um das erlösende „Ausf.“ hinter der Spielpaarung zu erblicken, fuhren wir tatsächlich ins angeblich so noble Blankenese, um uns mit den dort ansässigen 3. Senioren von Komet zu messen.

 

Und wir reisten mit fast vollständiger Kapelle an. Für den kurzfristig an Rüsselpest erkrankten Patschi rückte kurzfristig Neuzugang Artur in den Kader und kam später zu seinem ersten Einsatz für den Tabellenführer vom Ramskamp. Ihm zur Seite saßen zunächst David, Fliege (formerly known as Kiste) und die „Voice of death“ Andi, der während eines Whisky-Seminars am Vorabend die Grenzen des menschlichen Infraschalls in der Stimme ganz neu definierte.

 

Zur Aufstellung: Hinten nichts Neues. Christian im Tor und Michael als Libero. Köhli und Seppl (oder Seppo, wie Christian V. zu sagen pflegt) wieder als Manndecker. Somit war mein Ausflug ins Abwehrland nach nur 70 Minuten schon wieder zu Ende und ich müsste lügen, würde ich sagen, dass ich es sehr bedauere. Das erlauchte Mittelfeld schmückte sich an diesem Tag mit Andre, Dr. Moormann, Martin, Claas und Duffy. Vorne natürlich Olli und der Jubilar des Tages.

 

Das Spiel fing mit ein paar Minuten Verspätung an, weil der Schiedsrichter noch Mathehausaufgaben machen und für einen Vokabeltest am Montag lernen musste, bevor seine Mutter ins losschickte. Er hätte so manchen Spielers Enkel sein können, pfiff aber solide und souverän. Doppelt Nachtisch für ihn an diesem Abend.

 

Bernds mahnende Worte vor dem Spiel den Ball flach zu halten und Bälle in den Fuß zu spielen, verloren sich im stürmischen Novemberwind, der über die Gummikoppel blies. Eins ums andere Mal flogen die Flanken unkontrolliert aus dem Halbfeld in die Box oder fuchsteufelswilde Steilpässe in Gassen, wo gar keine waren, fanden ihre Adressaten nicht. Und wenn es kontrolliert nicht geht, dann haben wir ja immer noch Herrn Dr. Moormann, der auch an diesem Tag seine Position des Sechsers mit der eigenen Trikotnummer addierte und so einen verkappten Zehner irgendwo zwischen Mittellinie und Sechzehner spielte. Es waren keine zehn Minuten auf der Uhr vorbei, da schickte er aus fast dreißig Metern einen stramm getretenen Ball mit viel Unterstützung einer scharfen Windböe in Richtung Tor und überraschte nicht nur uns mit dieser Aktion, sondern auch den Keeper der Gastgeber, der es in diesem Moment anscheinend ziemlich überflüssig fand, irgendetwas gegen den direkt auf ihn zufliegenden Ball zu unternehmen. Er hätte eventuell die Arme hochreißen können, genug Zeit war eigentlich da, aber er ließ die Pille lieber mit einem dusseligen Gesicht über sich einschlagen. Lange Nese Blankenese. Der Gastgeber kam zwei-, dreimal semigefährlich vor unser Tor, war im Torabschluss aber einfach zu scheiße.

Nach der Pause galt es unbedingt einen zweiten Treffer nachzulegen, aber mit Gegenwind und einem schmalen Platz wollte nichts so richtig glücken. Mittlerweile brachte Bernd frisches Personal und Mitte der der Halbzeit war es dann David, der sich im Strafraum in die Hacken treten ließ. Den fälligen Strafstoß verwandelte Torwart Christian Viemann eiskalt.

 

Kaum war er wieder hinten in seinem Kasten, zeigte er auch schon sein komisches Talent. Einen Ball, den man unter normalen Umständen zu 110% aus dem Gefahrengebiet raus geschlagen hätte, passte er über zwei Meter dem Gegner in den Fuß und dieser nutze die einmalige Gelegenheit nicht etwa um sich totzulachen, sondern um den Pechvogel zum Anschlusstreffer sehenswert zu überlupfen.

 

Auch wir lachten nicht, wir kannten den schon. Noch war nichts verloren, aber irgendwie verpassten wir das fällige dritte Tor zu machen. Komet hingegen kam immer wieder zu halbgaren Möglichkeiten, die allesamt nicht großartig gefährlich waren, dennoch gelang ihnen mit dem Schlusspfiff quasi tatsächlich der Ausgleich. „Abseits!“, gellte der Ruf über das Gelände. Aber war es tatsächlich Abseits? Die einen sagen so, die anderen aber sagen so. Und zum ersten Mal in der Geschichte des modernen Fußballs nahm der Schiedsrichter seine Entscheidung nicht zurück. Unglaublich, und ich war dabei!

 

Kannst machen nix, musst gucken zu. Ende Gelände. Komet feierte den Punkt wie einen Sieg oder die Weltmeisterschaft und etwas bedröppelt schlichen wir vom Feld. Ein jeder dachte wohl bei sich selbst: „So fühlt sich also unentschieden an, Mama…“ Alle bis auf Dr. Mo hatten sich recht schnell mit dem Unentschieden arrangiert, der wollte die Entscheidung auch nach einem ersten Beruhigungsschluck Krombacher-Sanostol nicht akzeptieren und schwor Steiß und Bein, dass er gesehen hat, wie es wirklich war – nämlich anders.

 

Ob es noch zu Faustkämpfen kam oder der Schiedsrichter zwei platte Stützräder an seinem Pumucklrad hatte, weiß ich nicht. Ich machte mich schleunigst vom Acker, um noch ein paar Stunden friedlich Geburtstag zu feiern. Ich aß beim Mongolen Yak satt und abends gab es Tatort, der war aber scheiße. Egal, nächstes Jahr hab ich wieder Geburtstag, dann aber an einem Montag, da werden wir nicht spielen. Aufgrund des Wetters und der geburtsspezifischen Kalendersituation ist das Lied des Tages ja wohl klar… 

 


Fotos: David Jung, Arne Tiedemann selbst



Endergebnis: 2:2 (0:1)

Aufstellung: Viemann - Bahr, Homburg, Koehler - Pollehn, Wehner, Hägemann, Moormann, Duffke - Siems, Tiedemann

Einwechselspieler: Chawla, Jung, Leisner, Kloch

Tore: Moormann (10. Min.), Viemann (55. Min.), Blanke (59. Min.), Nese (70. Min.)

Coach: Nemitz

Zuschauer: 5